Klärung von verfahrensrechtlichen Beschränkungen in EPA-Beschwerdeverfahren nach Rücknahme durch Einsprechende

Rechtsprechung | 28.01.2025

In der Sache T943/22 hat die EPA-Beschwerdekammer den Umfang der Beschwerdeprüfung in Fällen geklärt, in denen alle Einsprechenden ihre Einsprüche während des Verfahrens zurücknehmen. Dies ist ein interessanter Fall, in dem HOFFMANN EITLE-Partner Roland Schieren die Patentinhaberin vertrat. Er ist insofern bemerkenswert, als er verdeutlicht, dass die Kammer, wenn kein aktiver Einspruch mehr besteht, ihre Prüfung auf die in der Beschwerde oder von der Einspruchsabteilung ausdrücklich vorgebrachten Einspruchsgründe beschränken kann. 

In der ersten Instanz vor der Einspruchsabteilung wurde der Hauptantrag der Patentinhaberin (Ansprüche in der erteilten Fassung) als unzulässig erweitert angesehen, während ein Hilfsantrag aufrechterhalten wurde. Die Patentinhaberin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf den Hauptantrag. Bis zum Ende des Beschwerdeverfahrens hatten jedoch alle Einsprechenden ihre Einsprüche zurückgenommen. 

In der mündlichen Verhandlung überzeugte die Patentinhaberin die Kammer davon, dass der Hauptantrag nicht unzulässig erweitert sei. Es stellte sich jedoch die verfahrensrechtliche Frage, ob die Kammer andere Einspruchsgründe, die von den Einsprechenden zuvor vorgebracht worden waren, angesichts ihrer Rücknahme prüfen könne. 

Die Kammer erörterte diese Frage und erklärte, dass die Patentinhaberin nach der Rücknahme des Einspruchs und der Beschwerde durch die Einsprechende alleinige Beteiligte im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren werde. Während Regel 84 (2) EPÜ es dem EPA erlaubt, das Einspruchsverfahren nach Rücknahme des Einspruchs fortzusetzen, gilt dies nicht für das Beschwerdeverfahren, wie in G 8/91 und G 8/93 klargestellt wurde. Nach diesen Entscheidungen beendet die Rücknahme des Einspruchs durch die alleinige Beschwerdeführerin automatisch das Beschwerdeverfahren. 

Im vorliegenden Fall war die Einsprechende jedoch nicht der alleinige Beschwerdeführerin, und das Beschwerdeverfahren wurde aufgrund der noch anhängigen Beschwerde der Patentinhaberin fortgesetzt. Nachdem die Kammer der Beschwerde der Patentinhaberin stattgegeben hatte, wandte sie die in den oben genannten Entscheidungen dargelegten Grundsätze an und kam zu dem Schluss, dass sie die verbleibenden Einspruchsgründe, die von früheren Einsprechenden oder Streithelfern vorgebracht worden waren, nicht beurteilen könne. Dies ist eine gute Nachricht für allein beschwerdeführende Patentinhaber, die andernfalls befürchten müssten, dass die Kammer auch nach Rücknahme der Einsprüche weiterhin Einspruchsgründe prüfen könnte. 

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